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Kinder & Karriere in der Radiologie

Bereits während des Medizinstudiums hat Dr. Hannah Hentschel beschlossen, die Familienplanung nicht auf die lange Bank zu schieben. Heute ist sie Mutter dreier Töchter und seit September 2011 Weiterbildungsassistentin in der Radiologie des Amalie Sieveking Krankenhauses in Hamburg. Für hellste-koepfe.de berichtet sie, wie sie ihr Weg in die Radiologie geführt hat und wie es ihr gelingt, beides unter einen Hut zu bringen.

von Dr. med. Hannah Hentschel, 19.06.2012


Wenn ich morgens den PC starte, meinen ersten Kaffee trinke und in Ruhe mit der Vorbereitung der Früh-Visite für die Kollegen aus der Chirurgie beginne, dann gratuliere ich mir mal wieder zu meiner Wahl, der Weiterbildung im Fach Radiologie.

Aus heutiger Sicht das Beste, was mir passieren konnte. Lange Zeit jedoch hatte ich die Radiologie buchstäblich nicht auf dem Schirm. Die Frage nach der zukünftigen Weiterbildung habe ich immer mit „Weiß nicht genau, in jedem Fall eins der operativen Fächer!“ beantwortet. Das änderte sich in dem Moment, als ich nach dem Examen mit einer radiologischen Dissertation begann.

Zu diesem Zeitpunkt war ich Mutter dreier Kinder und Ärztin  –  formal fehlte nur noch der Titel zu meinem Glück. Jetzt oder nie. Die Entscheidung, den Berufseinstieg nach Studium und Erziehungszeiten erneut zu verzögern, um einer Promotion nachzugehen - weiter ohne Verdienst, wieder Selbststudium  –  schien zunächst wenig anziehend. Eine befreundete Kollegin sagte einmal, nicht ihrer Intelligenz, sondern ihrer Leidensfähigkeit und ihrem Biss sei es zu verdanken, dass die Arbeit zum Abschluss gekommen sei.  Also gut, von beidem habe ich genug!

Während der Recherchen im Uniklinikum räumte ich gründlich mit meinen bisherigen Vorstellungen von Radiologen und ihrer Tätigkeit auf  -  zu meiner Verteidigung: besser spät als nie. Zunehmend erkannte ich als Vorteile

-  die Vielfalt des Faches, sowohl diagnostisch als auch interventionell,
-  das riesige wissenschaftliche Betätigungsfeld
-  die vergleichsweise geregelten Arbeitszeiten

Dank erfahrenem Doktorvater und engagiertem Betreuer folgte der Abschluss der Promotion vergleichsweise schnell. Nach Abgabe war auch die jüngste Tochter ein Kindergartenkind. Ein guter Termin, um die eigenen PS endlich auf die Straße zu bringen. Wurde aber auch Zeit!


Erst einmal Mutti bei der Arbeit über die Schulter schauen...


Ein Stellenangebot für Radiologie in Teilzeit überzeugte mich  – nach nur einer Nacht waren alle operativen Fächer restlos vom Tisch. Vor dem Urlaub schnell noch die Vertragsunterzeichnung. Und im Flieger, ich bin nicht gern unvorbereitet, statt bunter Hochglanzmagazine diesmal für mich Bücher mit schwarz-weißen Abbildungen, farbig nur die Legenden dazu. „Am Ende ihrer Karriere können Radiologen 28 Grautöne unterscheiden.“

Dem Wunsch meines Chefs, täglich, dafür jedoch entsprechend kürzer zu arbeiten, bin ich gerne entgegengekommen. Für mich persönlich ohnehin viel angenehmer, oft schon vor den Kindern das Haus zu verlassen. Innerlich war ich allerdings davon überzeugt, dass ohne mein Zutun am Morgen das Chaos vorprogrammiert sei. Selten habe ich mich so geirrt. Wenige Wochen später waren alle Abläufe „überarbeitet“. Morgens fortan bestimmte Zeitfenster für Aufwachen, Anziehen, Frühstück, immer eingebaute Zeitpolster für das Verlassen des Hauses…man sollte Männer nicht unterschätzen! 

Dass es nicht nur ohne mich klappt, sondern sogar in vielerlei Hinsicht besser, brachte einmal die Kleinste auf den Punkt, als wir auf dem Weg zum Kindergarten hektisch nach einem dringend benötigten Taschentuch suchten: „Bei Papa habe ich immer Taschentücher, eins rechts und eins links in der Jackentasche.“

Sicherlich hat dies auch mit dazu beigetragen, dass mein Berufseinstieg weitgehend stressfrei war. Die Kollegen meiner Abteilung sowie Chef und Oberärzte sorgten dann noch für den Rest. Einzige Bedingung sei Interesse am Fach, ein gewisser Anspruch an sich selbst und Gute Laune. Fachliche Qualität komme dann mit der Zeit von ganz allein.

Ob ich zunächst mit konventionellen Bildern starten oder gleich von Anfang an gemischt „befunden“ wollte, blieb mir überlassen. Ich mag es gern klassisch,  also habe ich schwerpunktmäßig zunächst konventionelle Röntgenbilder angeschaut, aufgrund der Abteilungsgröße kamen dann jedoch von selbst schon bald die Schnittbildverfahren hinzu.  

In der Einarbeitungsphase gingen entweder unser Chef oder der Oberarzt mit Engelsgeduld Bild für Bild die wesentlichen Details mit mir durch, das schult den Blick und ganz nebenbei wird auch der Zungenschlag geübt. Bei Engpässen übernahmen tapfer die Kollegen.

Ein Schema F für die Ausbildung der Assistenten gibt es in unserer Abteilung nicht, jeder in seinem Tempo. Erklärt wird jeweils mit der Tiefe, die zum Ausbildungsstand passt, aber prinzipiell immer gern, freitags mehr als montags, und tendenziell mehr, wenn gewünscht.  Erklärungen für jeden anders, Zeitverbrauch durch Oberarzt und Chef individuell. Motto des Chefs: Andere am Wissen teilhaben lassen.  

Meine Sonderstellung aufgrund der Teilzeitregelung ist unter den Kollegen allgemein akzeptiert. Bei hohem Arbeitsaufkommen arbeite ich länger, im Übrigen nutze ich die Zeit, in der meine Kinder nach Schule und Kindergarten noch betreut sind, für eigene wissenschaftliche Vorhaben. Der freie Nachmittag gehört dann meinen Kindern. Die Älteren haben neulich erklärt, sie wollten auch Radiologinnen werden.      

...und später selber ran!

 

 

 

 


 

 

 

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