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„In Deutschland ist die Facharztausbildung aktiver ausgerichtet als in Italien“
ein Interview mit dem Italiener Dr. med. Federico Collettini, der seine radiologische Facharztausbildung in Deutschland absolviert

Von Dr. med. Diane Renz, Berlin, 01.06.2012

Federico Collettini

Dr. med. Federico Collettini wurde 1984 in Rom geboren. In der italienischen Hauptstadt ging er auf eine deutsche Schule und absolvierte dort das deutsche und das italienische Abitur. Anschließend studierte er von 2003 bis 2009 Medizin in Rom. Seit 2010 arbeitet er als Assistenzarzt am Institut für Radiologie an der Charité in Berlin.

Im Interview mit der Redaktion von www.hellste-koepfe.de spricht Federico Collettini über seinen Wechsel von Rom nach Berlin, Unterschiede zwischen der deutschen und der italienischen Facharztausbildung, Forschungsinitiativen und auch über Kulinarisches.


Warum sind Sie von Italien nach Deutschland gekommen?

Da ich auf einer deutschen Schule war, hatte ich schon immer eine besondere  Affinität zu Deutschland. Im Jahr 2008 absolvierte ich eine zweimonatige Famulatur in Tübingen in der Klinik für Gynäkologie. In Tübingen habe ich viele Eindrücke und neues Wissen sammeln können, die Ärzte haben sich ausreichend Zeit für mich und meine Fragen genommen. Ich war tief beeindruckt von der hervorragenden technischen Ausstattung der Abteilung, aber auch von der äußerst freundlichen und kollegialen Atmosphäre.

Ihre ersten Erfahrungen mit deutschen Kliniken stammen folglich aus der Gynäkologie. Aber wie sind Sie zur Radiologie gekommen?

Mein Interesse für die Gynäkologie besteht weiterhin. Daher ist eines meiner aktuellen Forschungsthemen die Magnetresonanztomografie des weiblichen Beckens. Das ist das eigentlich Faszinierende an der Radiologie: Im Gegensatz zu den meisten anderen Fächern hat die Radiologie Berührungen zu nahezu allen anderen Disziplinen. Letztendlich kann man sich als Radiologe in alle möglichen Richtungen vertiefen, sei es Muskuloskelettaldiagnostik, Neuroradiologie oder Gynäkologische Bildgebung. Am meisten reizt mich persönlich die Interventionelle Radiologie, die letztendlich auch der eigentliche Grund für meinen Arbeitsbeginn in Deutschland war.

Wieso das? In Italien gibt es doch auch viele interventionell tätige Radiologen.

Ja, es gibt durchaus hervorragende Interventionsradiologen in Italien. Aber die eigentliche praktische Ausbildung beginnt erst nach der Facharztprüfung. Während der Facharztausbildung dürfen italienische Assistenzärzte so gut wie keine Interventionen selbst ausführen. Im Gegensatz zu deutschen Kliniken, in denen Assistenzärzte Interventionen unter Anleitung und Anwesenheit eines Fach- oder Oberarztes selbständig durchführen können – ja sogar im Rahmen der Facharztausbildung müssen – schauen italienische Assistenzärzte im Allgemeinen während der Interventionen nur zu. Ein weiteres Problem der italienischen Facharztausbildung ist, dass sie nur an Universitätskliniken absolviert werden kann. Daher tummeln sich viele radiologische Assistenzärzte an einer Ausbildungsstätte. Generell ist die radiologische Ausbildung in Italien eher passiv ausgerichtet, Assistenzärzte arbeiten weniger aktiv mit.

Bestehen neben der aktiveren Teilnahme weitere wesentliche Unterschiede zwischen der deutschen und der italienischen Ausbildung in der Radiologie?

Ich möchte unbedingt habilitieren. Daher habe ich vor meinem eigentlichen Arbeitsbeginn als Assistenzarzt sechs Monate Forschung in Berlin an der Charité absolviert und konnte bereits mehrere Originalarbeiten als Erstautor veröffentlichen. In Italien wäre das vor der Facharztprüfung undenkbar. Selbst wenn ein Assistenzarzt die Studie in erster Linie durchgeführt und die Publikation geschrieben hat, steht oft ein Oberarzt an erster und der Chef der Abteilung an letzter Stelle der Autorenliste.

Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?

Ich habe vielfältige Forschungsinteressen. Neben der Magnetresonanztomografie des Beckens sind minimal-invasive Tumortherapien mein wichtigster Forschungsschwerpunkt. In erster Linie befassen sich meine Projekte diesbezüglich mit der interstitiellen Brachytherapie, ein interventionelles Verfahren zur minimal- invasiven Behandlung von Tumoren mittels Bestrahlung.

Was hat Sie nach Berlin an die Charité verschlagen?

Als gebürtiger Römer gefällt mir natürlich die Größe und die Vielfalt der Stadt Berlin (schmunzelt). Aber ich habe vor allen Dingen eine große radiologische Abteilung mit zahlreichen Ausbildungs- und Forschungsmöglichkeiten gesucht. Die Facharztausbildung und die Habilitation möchte ich auf jeden Fall in Deutschland abschließen. Was danach kommt, da bin ich für alles offen.

Was ist generell in deutschen Kliniken im Vergleich zu italienischen Krankenhäusern besser? Was schlechter?

Sehr gut gefallen mir in Deutschland die exzellenten Forschungsmöglichkeiten. Aber auch das Betriebsklima ist angenehm, generell ist der Umgangston hier eher lockerer und freundschaftlicher zwischen Oberärzten und Assistenzärzten.

Und was ist schlechter?

So richtig schlecht finde ich an deutschen Kliniken eigentlich nur das Essen. In italienischen Krankenhauskantinen gibt es eine größere Auswahl, und das Essen schmeckt einfach um Einiges besser.

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