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Der Traum einer virtuellen Nierenbiopsie - Was Bildgebung mit Transplantatabstoßung verbindet ein Promotionsbericht aus der Radiologie der Ludwig- Maximilians-Universität München

von Dorothee Oestreicher, 11.02.2013

Wie kann funktionelle MR-Bildgebung die Therapie bei Nierentransplantationen unterstützen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Manuel Kolb in seiner Dissertation, die er an der Ludwig-Maximilians-Universiät München (LMU) schreibt.  Die Bildgebung an der LMU teilt sich in das Institut für Klinische Radiologie und in die Abteilung für Neuroradiologie; mit der Nuklearmedizin besteht eine enge Kooperation. Am Campus Großhadern treffe ich Manuel und den Betreuer seiner Doktorarbeit, PD Dr. Mike Notohamiprodjo, um mehr über Ihr spannendes Forschungsprojekt zu erfahren. 



PD Dr. Notohamiprodjo und Manuel Kolb (Foto: Matthias Francke)


Worum geht es bei der Doktorarbeit?

Die Kernidee der Dokotarbeit lässt sich kurz zusammenfassen: funktionelle MR- Bildgebung am Mausmodell bei Nierentransplantaten zu verwenden. Aber wozu? Manuel erklärt das so: „ Nach einer Transplantation möchte man Aussagen über den Zustand und Therapieerfolg treffen. Vor allem, wenn es um Abstoßungsreaktionen geht, ist es wichtig, zwischen ,echten‘ Abstoßungen zu unterscheiden und denen, die durch Ischämieschäden verursacht werden.“ Bei Tieren kann man Abstoßungen simulieren und treatments testen. Mittels MRT werden dann die Mäuse gemessen: Hierfür werden spezielle Methoden angewendet; so genannte Diffusions- gewichtete (DWI) Messungen sowie die dynamische kontrastmittelverstärkte Perfusions-MRT (dynamic contrast-enhanced, DCE- MRT)  (siehe auch unten). 


Klinischer Hintergrund

Bei Patienten mit Nierentransplantation können Abstoßungsreaktionen auftreten, die einer umgehenden Therapie bedürfen. Zur Abklärung einer Abstoßungsreaktion werden Biopsien des Nierentransplantates durchgeführt. Für eine Optimierung der Behandlung, d.h. eine Abwägung zwischen Transplantatverlust und –erhalt sowie Nebenwirkungen der eingesetzten Präparate und Methoden, ist Forschung unerlässlich.



Wie kommt man an eine solche Doktorarbeit und was macht die Betreuung aus?

Manuel, der 23 Jahre alt ist und im neunten Semester an der LMU studiert, lernte seinen jetzigen Betreuer während einer Famulatur kennen. Während dieser Zeit entstand auch sein Wunsch, die Doktorarbeit in diesem Bereich zu schreiben, denn da, so erzählt Manuel heute, hat „das Fach es geschafft, mich in der Praxis zu fesseln.  Während der Uni war das nicht der Fall.“  Herr PD Dr. Notohamiprodjo als Betreuer war damit ein Glücksfall für Manuel, denn er ist mit Abläufen an der Universität bestens vertraut: Nach dem Studium an der LMU absolvierte er seine Assistenzarztzeit - neben einem Auslandsaufenthalt am Langone Medical Center New York - am Institut für Klinische Radiologie und krönte diesen Weg mit der Habilitation 2012. Manuel begann seine Doktorarbeit im Oktober 2011 und muss nun die Daten zusammenführen und die Dissertation schreiben. „Eine große Hilfe ist, dass ich mit meinem Betreuer in ständigem Kontakt stehe und ihn mindestens einmal im Monat persönlich treffe“, berichtet Manuel.


Wie gestaltet sich die Arbeitsaufteilung?

Während Herr PD Notohamiprodjo für die Planung und Techniken verantwortlich war und Dr.  Aivars Kalnins die Operationen durchführte, erzählt Manuel: „Meine Hauptaufgabe bestand darin,  neben der Vorbereitung der Tiere und Entnahme der Niere die  MRT-Messungen durchzuführen. Und natürlich musste ich danach dann diese Daten auswerten.“ Aber das ist nicht alles, in Projekten dieser Größe ist auch Interdisziplinarität gefordert: „Nicht nur wir allein arbeiten an der Studie, wir haben eng mit der Chirurgie der LMU, vor allem persönlich unterstützt durch Herrn Dr. Kalnins und Herrn PD. Dr. Andrassy, zusammengearbeitet. Und wir wurden auch durch die Arbeitsgruppe Experimentelle Radiologie unter Leitung von Prof. Nikolaou unterstützt.“


Das Ziel vor Augen

Sein Ziel, die Nieren bewerten zu können, hat Manuel soweit erreicht. Die Perfusions- und Diffusionsbildgebung hat sich dabei unter diversen Techniken und Methoden als zuverlässig und aussagekräftig etabliert. Manuels Arbeit ist eng verknüpft mit den wissenschaftlichen Fragestellungen seines Betreuers (siehe unten). Ein wichtiger Aspekt ist auch die Übertragung der Erkenntnisse beziehungsweise die Bedeutung für den Menschen. Ein Ziel der Studien ist es, Patienten in Zukunft eine virtuelle Biopsie anbieten zu können.Dafür bleibt aber noch Entwicklungspotential. „Der Traum einer virtuellen Nierenbiopsie ist noch nicht erreicht“, erklärt er, „denn bei Menschen  müssen noch viele andere Faktoren wie beispielsweise Bewegungskorrektur in die Überlegungen mit einbezogen werden.“



Doktorarbeit im Rahmen des Doktorandenkollegs: eine neue Idee

Hilfreich für eine gelungene Doktorarbeit sind nicht nur die persönlichen Zusammentreffen. Herrn PD Notohamiprodjo initiierte das  „Doktorandenkolleg“, das 14tägig in Großhadern stattfindet.  Themen wie „Abstract/ Poster/ Paper“, „Statistik für Einsteiger“, „Berufsbild Radiologie und Gender Aspekte“ werden verknüpft, darüber hinaus gibt es die Möglichkeit für die Studenten, ihre Arbeit vorzustellen - und das alles unter jeweiligem Teaching eines erfahrenen Radiologen. „Nicht nur, dass der Austausch untereinander gefördert wird“, findet Manuel positiv, sondern vor allem, dass „gerade in den Vorträgen der Ärzte  wichtige Punkte für den Beruf Radiologe aufgezeigt werden“.  Für alle Interessenten hat die Uni rund um die Doktorarbeiten am Institut für Klinische Radiologie übrigens auch Informationen unter http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Institut-fuer-Klinische-Radiologie/de/Lehre/info_fuer_doktoranden/index.html  zusammengestellt.


Manuel Kolb bei seiner Auszeichnung Preisgekrönt

Für ihre Arbeit wurden beide bereits ausgezeichnet: Manuel stellte seine Arbeit auf der Doktorandenmesse und mit Auszeichnung auf dem Studentenkongress DoktaMed der LMU vor: „Die dort vergebene Foschungsförderung setzte ich für die aktive Teilnahme an der 23. European Students‘ Conference in Berlin ein. Auf diesem internationalen Studentenkongress stellte ich meine Daten erneut mit einer Posterpräsentation vor und bekam anschließend als ‚Winner of Session Radiology‘ die Gelegenheit, die LMU Radiologie mit meiner Doktorarbeit in einem Vortrag zu vertreten.“

Die Fragestellung „Kombinierte IVIM-DTI zur MRT-Untersuchung der Fluss- und Diffusionsanisotropie der Niere“  von Herrn PD Dr. Notohamiprodjo wurde als einer der Beiträge bereits während des Röntgenkongresses 2012 im Rahmen des Young Investigator Awards präsentiert. Für die Studie am Menschen erhielt er den Magna cum laude Award bei der International Society of Magnetic Resonance in Medicine (ISMRM) in Melbourne. Auch wird die vorgestellte Arbeit nun durch die Förderung für Forschung und Lehre (FöFoLe) der Universität finanziell gefördert.


Und für die Zukunft...

…ist bei soviel Enthusiasmus, Engagement und Teamwork die Antwort auf die Frage, welche Fachrichtung Manuel später anstrebt, keine Überraschung: „Ja, ich möchte Radiologe werden und forschen. Beides, vor allem bestätigt durch die Famulatur und die Doktorarbeit.“

Vielen Dank  und alles Gute  für Herrn PD Dr. med Mike Notohamiprodjo und Manuel Kolb!



Die Doktorarbeit und ihre Durchführung

Im Mausmodell wurde zunächst eine akute Transplantatabstoßung der Niere simuliert. Es wurden drei Therapiegruppen gebildet: Therapie mit CyA (Ciclosporin A), Kombination mit mNOX (einem neuartigen Chemokin-Blocker) oder keine Therapie.

Neben einer immunhistochemischen Auswertung (monozytäre Infiltration) spielte dann die DWI folgende Rolle: Aus den Bildern wurde ein quantitativer Wert der molekularen Wasserdiffusion ermittelt, der apparent diffusion coefficient (ADC). Aufgrund verschiedener Faktoren (Abhängigkeit der Diffusion von Wasser im Extravaskulärraum, kapilläre Perfusion) kann er als Indikator für mikrostrukuturelle Veränderungen gewertet werden.

Perfusionsuntersuchung
Perfusionsuntersuchung


Dem DCE-MRT für die Darstellung der Perfusion lag eine TWIST-Sequenz (eine schnelle Sequenz, genauer:
Time-resolved angiography With Interleaved Stochastic Trajectories) nach Injektion des Kontrastmittels Gadobutrol zu Grunde. „Bei dieser Technik wird das gadoliniumhaltige Kontrastmittel glomerulär filtriert und verlässt die Niere entweder über die Nierenvenen oder das tubuläre System. Durch die Analyse der dynamischen Kontrastmittelanflutung als zeitabhängige Funktion ist es möglich, klinisch relevante Parameter wie Blutfluss, Blutvolumen und Transitzeiten abzuleiten“, erklärt Manuel. Im nächsten Schritt wurden in Ischämie- und Reperfusionsmodellen die experimentellen Grundlagen stetig optimiert.

Durch Nutzung des Intravoxel Incoherent Motion Imaging (IVIM) und des dadurch ermittelten „true- diffusion“-Parameters wurde die DWI verbessert, da aus diesem die Pseudodiffusion durch Kapillaren herausgerechnet wird. Und letztlich ist es durch die Forschung jetzt möglich, die glomeruläre Filtration jeder Niere separat zu messen.

 
IVIM (linke Abbildung) versus ADC (rechte Abbildung)


Forschung am Menschen
Herr PD. Dr. Notohamiprodjo, der die beschriebenen bildgebenden Verfahren schon mehrere Jahre an Menschen erprobt, hat das mögliche Forschungsspektrum nun durch die Tiermodelle erweitert. Die Anwendung am Menschen erfolgte mit Hilfe von acht Probanden. So wurde erstmals die Diffusionstensorbildgebung (DTI) mit der IVIM-Methode zur separaten Untersuchung der Diffusions- (Struktur) und Pseudodiffusions (Fluss) -anisotropie der Niere kombiniert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: durch die entwickelten Vorgehensweisen erscheint es möglich, eine verminderte tubuläre Funktion von einem irreversiblen strukturellen Schaden abgrenzen zu können, d.h. Aussagen unter anderem über diabetische Glomerulopathien oder Transplantatabstoßung treffen zu können.


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