Von Forschungsspringern, Forschungstagen und Forschungsrotationen Oder: Wie die Uniradiologie Hannover ihren Weiterbildungsassistenten bereits vom ersten Tag an das Forschen ermöglicht
von Dr. Katja Hüper, 03.03.2014
Schon zu Beginn der Facharztausbildung sind die
Anforderungen an den Assistenzarzt in der Radiologie hoch: Kennenlernen und
Verstehen der Untersuchungstechniken, Befunde schreiben, Fallvorstellungen,
klinische Konferenzen und schon nach einiger Zeit stehen die ersten Dienste an.
Da bleibt wenig Zeit, sich in Forschungsprojekten
zu engagieren oder sich überhaupt fürs Forschen zu interessieren. Besonders die
experimentelle Forschung ist neben der klinischen Tätigkeit kaum möglich.
Forschen
ab Tag 1
Um Assistenten schon früh in ihrer Ausbildung
für die radiologische Forschung – sowohl klinisch als auch experimentell - zu
begeistern, verfolgt die Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover seit
zwei Jahren ein neues Konzept: Jeder Assistent beginnt seine Ausbildung mit
einer dreimonatigen Forschungsrotation. Während dieser Zeit wird er einer
Arbeitsgruppe zugeordnet oder wählt je nach eigenem Interesse eine
Arbeitsgruppe aus. Hier bearbeitet er ein Forschungsprojekt und wird eng durch
den Arbeitsgruppenleiter und andere Arbeitsgruppenmitglieder betreut.
Projekte
reichen von der retrospektiven Analyse von bereits erhobenen Daten über das
Mitwirken in klinischen Studien bis zur Einarbeitung in neue Techniken der
klinischen und experimentellen Bildgebung und Durchführung von Studien. Der
Assistent hat die Möglichkeit, in verschiedenen Projekten und unterschiedlichen
Arbeitsgruppen mitzuarbeiten und kann sich so einen Überblick über die
Forschungsmöglichkeiten in der Abteilung verschaffen. Ziel ist es, sich
innerhalb der drei Monate mit einem Thema intensiv zu beschäftigen, einen
Überblick über die wissenschaftlichen Schwerpunkte der Abteilung zu gewinnen,
erste Erfahrungen im Schreiben von Abstracts und Manuskripten zu sammeln und
Grundlagen für das wissenschaftliche Arbeiten zu erwerben (Statistikkurse,
tierexperimentelle Kurse, etc.).
„Forschungsspringer“
halten den Rücken frei
Nach drei Monaten beginnt die klinische
Ausbildung. Da die Projekte auch während der klinischen Zeit weitergeführt und
vertieft werden sollen, besteht die Möglichkeit, sich tageweise für das
jeweilige Projekt von der klinischen Routine freistellen zu lassen. Diese
Freistellung wird über den sogenannten „Forschungsspringer“ gewährleistet. Der
Forschungsspringer ersetzt immer den Assistenten an seinem Arbeitsplatz, der an
dem jeweiligen Tag im „forschungsfrei“ ist. Es entstehen also keine Engpässe in
der klinischen Routine, die hinterher abgearbeitet werden müssen und auch die
Akzeptanz der Forschungstage ist dadurch sehr hoch. „Eine klare Trennung
zwischen klinischen Tagen und Forschungstagen habe ich während meiner Tätigkeit
in den USA als wichtige Hilfe empfunden, um Forschungsprojekte voranzutreiben“,
berichtet Klinikdirektor Prof. Dr. Frank Wacker über das neue Forschungskonzept
für Assistenten an seinem Institut. „Die Idee, Forschungstage an der MHH auch
Assistenzärztinnen und -ärzten anzubieten kam mir aufgrund der in
Bewerbungsgesprächen geäußerten Unkenntnis über radiologische Forschung. Der
Einstieg in den Beruf über eine Forschungsrotation hat sich bewährt und zu
einer deutlichen Zunahme der Forschungsleistung unserer Abteilung geführt.“
Monatlich können alle Assistenten ihre
Forschungswünsche in einen Plan eintragen. In der Regel hat jeder Assistent,
der in der Forschung arbeitet, je nach
Bedarf 1 bis 4 Forschungstage pro Monat.
Natürlich lassen sich nicht alle
Forschungsaufgaben im Rahmen der Routinearbeitszeit erledigen. Die Tage
unterstützen jedoch die Weiterführung von Studien erheblich.
Forschungsrotation
mit Zugabe
Assistenten, die sehr stark in die Forschung
eingebunden sind und die großes Interesse an einer wissenschaftlichen Karriere
haben, können auch während der Facharztausbildung Forschungsrotationen
beantragen. Dadurch können zeitaufwändige Projekte gut bearbeitet werden.
Insgesamt hat sich das Modell der Forschungsförderung in der Assistenzarztausbildung, bestehend aus 1. Forschungsrotation zu Beginn der Facharztausbildung, 2. Forschungstagen, die durch einen „Forschungsspringer“ kompensiert werden und 3. Forschungsrotation während der Facharztausbildung in den vergangenen beiden Jahren gut bewährt.
Die Finanzierung der Freistellungen erfolgt zum
einen aus der Grundausstattung Forschung und Lehre, zum größeren Teil aber über
Drittmittel, die für die längerfristigen Freistellungen unerlässlich sind. Für
viele Assistenten sind die Forschungstage gar nicht mehr wegzudenken, da sie
ohne diese Tage ihre Projekte nur mit erheblichen Schwierigkeiten fortführen
könnten.
Das
sagen die Assistenzärzte der Abteilung:
Ein durchweg positives Feedback geben die
Assistenzärzte der Abteilung von Professor Wacker: Vor allem die Forschungsrotation
zu Beginn sei ideal zur Orientierung und zum Kennenlernen verschiedener
Arbeitsgruppen, und um sich als Anfänger in ein Thema einarbeiten zu können.
Die Forschungstage werden als hervorragend wahrgenommen, um sich im klinischen
Alltag auch einmal kontinuierlich mit einem Projekt oder mit dem Schreiben
einer Publikation zu beschäftigen, oder um Termine wahrzunehmen, ohne in
Konflikt mit der klinischen Routine zu geraten.
Und was meinen Sie?
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