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Das Expertenforum im August: Interventionelle Radiologie
Zukunft der Interventionellen Radiologie

Sehr geehrter Herr PD Dr. Landwehr,

ich ziehe es momentan in Betracht eine Facharztausbildung in der Radiologie zu beginnen. Insbesondere die Interventionelle Radiologie finde ich sehr spannend, da man hier nah am Patienten steht, auch therapeutisch taetig ist und auch manuelles Geschick von Vorteil ist.
Ich frage mich jedoch, wie die Interventionelle Radiologie in Zukunft aussehen wird, wie sind die interventionellen Radiologen im Wettbewerb mit den anderen Fachdisziplinen aufgestellt? Z.B. wollen ja zunehmend auch Gefaesschirurgen und Angiologen PTA ect durchfuehren, genauso wie Kypho- und Vertebroplastien auch von Orthopaeden gemacht werden.
Wie denken Sie wird das in 20 Jahren sein? Werden die Methoden von den klassischen Faechern der Patientenversorgung uebernommen?
Weiterhin wuerde mich interessieren, ob man als Facharzt die Moeglichkeit hat, sich im interventionellen Bereich selbstaendig zu machen, evtl in Kooperation mit einer Klinik. Gibt es hierzu erfolgversprechende Modelle? Welche Leistungsspektren kaemen hierfuer insbesondere in Frage.

Ueber Antworten waere ich sehr dankbar.
Diskussion erstellt von gelöschte Person am 06.08.2010 um 07:17 Uhr
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  • Hallo,

    ich kann mich nur anschließen die die Fragen meines Vorgängers.
    Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Radiologie gegenüber beispielsweilse den Kardiologen durchsetzen kann.
    Schon heute ist es an jeden Haus anders geregelt, wer was macht.
    Dennoch stellt sich mir dir Frage, ob irgendwann die Radiologen gar keine Interventionen mehr machen, da jeder Fachbereich selber tätig werden will.
    Wie schätzen Sie die Lage ein?

    Danke für die Antworten.

    Anne Schmitz am 06. August 2010 um 12:34 Uhr
  • Sehr geehrte Frau Schmitz, sehr geehrter Herr Strobl,
    Ihre Überlegungen und Fragen kann ich sehr gut nachvollziehen. Die Interventionelle Radiologie ist ein äußerst spannender und zukunftorientierter Bereich der Medizin. In vielen Bereichen, nicht nur in der Radiologie, nehmen minimal-invasive Methoden einen immer breiteren Raum ein. Die Gründe sind vielfältig: Geringere Invasivität bei gleich guten oder besseren Ergebnissen, geringere Kosten, kürzere Krankenhausaufenthalte und Möglichkeiten ambulanter Eingriffe sind nur einige Beispiele hierfür.

    Wie bei allen expansiven Entwicklungen ist dies aber auch eine ‚Gefahr‘ für die Radiologie insgesamt, da sich dadurch auch der Leistungsumfang vieler anderer Fächer verändert. Denken Sie an die Gefäßchirurgie: Heute werden z.B. schon mehr als 30% der Eingriffe beim Bauchaortenaneurysma endovaskulär durchgeführt; PTA oder Stent haben viele offene chirurgische Gefäßeingriffe abgelöst. Da ist es verständlich, dass sich Gefäßchirurgen, die ihr Fach in Gefahr sehen, Expertise in ursprünglich interventionell-radiologischen Verfahren erwerben wollen und dies auch tun. Diese Entwicklung findet aber auch in nicht-invasiven Bereichen statt: Radiologen führen eine klinisch aussagekräftige Herz-Bildgebung durch, Kardiologen streben als Reaktion darauf nach der Kardio-MRT; Radiologen haben mit der MRT viele diagnostische Arthroskopien unnötig gemacht, Orthopäden streben folglich nach muskuloskelettaler MRT; Radiologen liefern mit der MR-Angiographie eine exzellente Gefäßdiagnostik, Angiologen wollen nun auch MR-Angiographien durchführen etc. Hier findet viel ‚Berufspolitik‘ statt, die Sie kritisch registrieren, aber auch mit der nötigen Distanz betrachten sollten. Bildgebung und Interventionen erfordern viel medizinische und technische Expertise, aber auch hohen investiven Aufwand, so dass es nach meiner festen Überzeugung in vielen Einrichtungen, vielleicht von manchen Großkliniken abgesehen, gar nicht so einfach (weil auch unökonomisch) sein wird, diese Verfahren aus der Radiologie einfach herauszubrechen.

    Wenn wir mal den von Ihnen angesprochenen Zeitraum von 20 Jahren betrachten und uns fragen ‚Wie war die Radiologie damals, wie ist sie heute, wie wird sie morgen?‘ und dabei mal in die Vergangenheit blicken, stellen wir Folgendes fest: Wie jede andere Disziplin hat es auch in der Radiologie Wandel gegeben. Viele Verfahren sind dazugekommen oder haben sich wie die MRT oder die Interventionen fast explosionsartig entwickelt, manche Verfahren haben sich aus der Radiologie auch auch in andere Bereiche entwickelt. Dies ist eigentlich ein normaler Prozess und macht es ja auch reizvoll, denn der Fortschritt ist auch immer spannend. Natürlich wird die Interventionelle Radiologie in 20 Jahren anders sein als heute. Sie wird sich gerade auch an Veränderungen im Gesundheitswesen zu orientieren haben. Dies ist heute schon sichtbar: Wir haben zunehmend interdiszplinäre Zentren wie Gefäßzentren, Brustzentren, Viszeralzentren oder Onkologische Zentren. Hier arbeiten Spezialisten vieler Disziplinen zusammen, denn den einen Mega-Spezialisten (z.B. für Gefäßerkrankungen), der dann alle Verfahren beherrscht, kann und wird es nicht geben. Der ganzheitlichen, krankheitsorientierten Arbeit ohne klassische Fach- oder Abteilungsgrenzen gehört mit Sicherheit die Zukunft. Dies gebieten Anforderungen an die Qualität und die Ökonomie.

    Sie sollten also heute, wenn Sie sich überlegen, welche Facharztweiterbildung Sie anstreben sollen, nicht so sehr darüber philosophieren, wie eine heutige Disziplin in 20 Jahren aussieht, dies kann Ihnen auch niemand sicher vorhersagen. Vielmehr empfehle ich Ihnen, dass Sie sich für ein Fach (und eine Weiterbildungsstätte) entscheiden, in dem Sie heute und in den nächsten Jahren das Rüstzeug und die Verfahren erlernen können, die Ihnen Spaß an der Arbeit bereiten können und Ihren Neigungen entsprechen. Eines ist sicher: Die Verfahren der Interventionellen Radiologie haben mit Sicherheit eine große Zukunft. Wenn Sie hier Expertise aufbauen und dabei den klinischen Zusammenhang nicht vernachlässigen, haben Sie hervorragende Berufsaussichten. Klar ist auch, dass Sie mit Stand heute in der Radiologie die besten Möglichkeiten haben, dieses Ziel zu erreichen: Das Spektrum der Interventionen ist dort mit Abstand am größten, Sie haben alle hierfür erforderlichen bildgebenden Verfahren (die Sie ja für die Interventionen auch beherrschen müssen) ‚unter einem Dach‘, und interdisziplinäres Denken wird einem Radiologen quasi von der Pike auf beigebracht. Vielleicht finden Sie sich in 10 Jahren als interventionell-onkologisch arbeitender Radiologe im Team eines Onkologischen Zentrums wieder oder als vaskulär orientierter Interventionalist im Team eines Gefäßzentrums. Auch als niedergelassener Radiologe mit interventionellem Schwerpunkt können Sie bei geeigneter Kooperation oder Anbindung an ein Krankenhaus breit interventionell arbeiten. Es gibt hierfür durchaus Beispiele von Praxen, die von PTA und Stent über Biopsie bis zur Chemoembolisation ein breites Spektrum anbieten.

    Wenn Sie es noch nicht getan haben, würde ich an Ihrer Stelle mal einige Zeit in einer breit aufgestellten diagnostisch und interventionell arbeitenden Radiologie hospitieren. Gerne bin ich hier bei der Vermittlung behilflich, damit Sie wohnortnah einen Ansprechpartner genannt bekommen können.

    Mit freundlichen Grüßen
    Peter Landwehr

    Peter Landwehr am 07. August 2010 um 13:02 Uhr