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Das Expertenforum im April: HNO-Bildgebung
Mastoiditis?

Sehr geehrter Prof. Habermann,

bei ITS-Patienten sehen wir häufig verschattete Mastoidzellen. Im Rahmen von Fokussuche-CTs kommt dann ab und zu die Frage auf, ob es sich um eine Mastoiditis handeln könnte. Im klassischen Fall sind Destruktionen der Septen erkennbar oder eine verstärkte Sklerosierung des Felsenbeins. Aber was, wenn es nicht ein klassischer Fall ist? Oder ist die Mastoiditis eine rein klinische Diagnose?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Diskussion erstellt von Susanne Linke am 12.04.2011 um 13:47 Uhr
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  • Sehr geehrter Frau Linke,

    haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich freue mich, dass die HNO-Bildgebung auf ein so reges Interesse trifft.

    Ihre Frage trifft allerdings ein diagnostisches Dilemma in der HNO-Bildgebung. Dieses ist besonders bedauerlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die akute Otitis media die häufigste Infektion im Kindesalter (bis einschließlich des fünften Lebensjahres) ist und trotz ausgereifter Antibiotikatherapien Komplikationen im Rahmen der akuten Otitis media zwischen 1 bis 18% berichtet werden (Vazquez E. RadioGraphics 2003; 23:359 –72).

    Einer dieser Komplikationen ist die Mastoiditis, die weitere schwerwiegende Komplikationen wie zum Beispiel einen epiduralen Abszess, eine Sinusvenenthrombose (Thrombose des Sinus sigmoideus), ein subdurales Empyem, eine Entzündung (Arteriitis) oder einen Spasmus der Arteria carotis oder aber eine Entzündung des Apex petrosus nach sich ziehen können.

    Das Dilemma der Diagnostik ist insbesondere die niedrige Sensitivität, da eine Verschattung von einzelnen Mastoidzellen nicht zwingend Ausdruck einer Entzündung sein muss und eben auch bei völlig gesunden Patienten beobachtet werden kann. Als gute bildmorphologische Kriterien gelten sogenannte Flüssigkeits-/Luftspiegel und dann im weiteren Verlauf die Destruktion einzelner Septen des Mastoids. Aber auch letzteres kann sehr schwierig zu erkennen sein, da die gemischtzellige Pneumatisation des Mastoids physiologischerweise kleine und auch deutlich größere Mastoidzellen bedingen kann und somit ebenfalls falsch positive Befunde erhoben werden können.

    Allerdings ist, und das hatten Sie in ihrer Frage bereits angedeutet, die Mastoiditis eine klinische Diagnose und die bildgebenden Verfahren – und hier eindeutig führend die Computertomographie – werden zur Detetektion möglicher Komplikationen herangezogen und nicht zur Bestätigung oder zum Ausschluss der Diagnose. Da eine antibiotische Therapie allerdings auch die Symptome einer Mastoiditis verschleiern können, sollte bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Mastoiditis frühzeitig eine Computertomographie mit intravenöser Kontrastmittelapplikation durchgeführt werden. Auf der Basis der klinischen Befunde und der Bildgebung wird dann entschieden, ob die Mastoiditis im Weiteren konservativ mit einer intravenösen Antibiose oder aber mit einer Mastoidektomie und einer Drainage behandelt wird.

    Im Rahmen der Fokussuche bei Patienten von der Intensivstation stellt sich dies natürlich wieder alles ganz anders da. Eine Anamnese ist nicht möglich und durch Intubation und Beatmung sind häufig nicht nur die Mastoidzellen, sondern auch die Nasennebenhöhlen verschattet. Somit sollten hier nur die eindeutigen Zeichen einer Mastoiditis, wie bereits beschrieben, als eine solche benannt werden und die „blande“ Verschattung zurückhaltend interpretiert werden.

    Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten konnte.

    Mit den besten Grüßen aus Hamburg,

    Christian Habermann Christian R. Habermann am 13. April 2011 um 20:05 Uhr
  • Sehr geehrter Prof. Habermann,

    vielen Dank für diese wieder sehr ausführliche und informative Antwort.

    Habe noch eine weitere Frage und bin mir nicht so recht sicher, ob ich das so fragen kann.
    Wie sieht es denn mit dem aktuellen Stellenwert der Projektionsradiographie aus? Häufig hört man, dass die Schüllerprojektion nur noch "gelegentlich" angewendet wird - aber was sind denn das dann für "gelegentliche Fälle", wo man eine Schüllerprojektion verwenden sollte? Die Stenvers-Aufnahme kann man ja zumindest für die Beurteilung der regelrechte CI-Sondenlage nutzen.
    Oder wie ist das mit dem Fokusausschluß z.B. vor Aortenklappenersatz - mit ein wenig Glück sind die Keilbeinhöhlen beurteilbar (je nachdem ob der Patient den Mund weit genug öffnen kann) - häufig ist das jedoch nicht abschließend zu klären (von den Siebbeinzellen zu schweigen). Ist es denn nicht sinnvoller eine CT mit 100 kV/15 mAs zu machen? Die Dosis ist nur geringfügig höher (oder?) und die Aussagekraft ja auf jeden Fall.

    Vielen Dank und viele Grüße aus Würzburg,
    Susanne Linke Susanne Linke am 13. April 2011 um 20:43 Uhr
  • Sehr geehrter Frau Linke,

    vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Frage.

    Natürlich können Sie Ihre Frage so stellen, wie Sie es getan haben!

    Aus der konventionellen Diagnostik der Nasennebenhöhlen wissen wir, das die Sensitivität der Projektionsradiographie im Rahmen der Fokusdiagnostik bei 50% anzusiedeln ist.

    In unserer Klinik haben wir die Aufnahmen nach Schüller vollständig eingestellt. Also, auch die „gelegentliche“ Anwendung dieser Aufnahmetechnik wird bei uns nicht mehr durchgeführt. Wie Sie schon korrekt anmerkten, ist ein low-dose CT oder aber auch eine DVT (auch schon in einer anderen Diskussion besprochen) aus strahlenhygienischen und diagnostischen Erwägungen sinnvoller. Dafür bietet sich diese Hochkontrastorgan uneingeschränkt an.

    Sollten bei einer Aufnahme nach Schüller also Verschattungen sichtbar sein, ist ein Normalbefund weiterhin möglich und erst die Destruktion wäre der Beweis eines vorliegenden Infekts des Mastoids. Letzteres ist dann jedoch wesentlich sensitiver mittels CT nachweisbar und die möglichen Komplikationen der Mastoiditis würden auch bei eindeutig positivem projektionsradiographischem Befund eine CT nach sich ziehen (Czerny C. Radiologe 1997; 37:945-53)


    Mit den besten Grüßen aus Hamburg,

    Christian Habermann Christian R. Habermann am 17. April 2011 um 16:37 Uhr