Endlich Assistenzärztin - Teil 4
ein Resümee der ersten Rotation
Für unsere Korrespondentin Anne Schmitz steht schon lange fest, dass
sie Radiologin werden möchte. Anfang Februar 2012 hat sie ihre Stelle als
Weiterbildungsassistentin an der Universitätsklinik Heidelberg angetreten. In
einem „Weiterbildungs-Tagebuch“ berichtet sie für uns über Ihre ersten Monate
als angehende Fachärztin.
von Anne Schmitz, 02.07.2012
Die Zeit fliegt nur so vorbei und ehe ich‘s mich versehe ist meine erste Rotation in der Radiologie beendet. Fünf Monate am CT in der Chirurgischen Klinik gehen jetzt zu Ende. Zu meinen Einsatzorten im Rahmen der Rotation gehörten das CT für die geplanten, ambulanten Patienten, sowie das Interventions-CT für stationäre Patienten, Punktionen und Drainagen. Rückblickend bin ich erstaunt, wie viel ich in der relativ kurzen Zeit gelernt habe. Noch vor fünf Monaten war ich froh, wenn ich grobe Veränderungen erkennen konnte, und am Ende meiner Zeit dort konnte ich schon unter Differentialdiagnosen abwägen und habe auch wesentlich mehr Befunde in der gleichen Zeit verfassen können.
Am CT für die ambulanten Patienten lernte ich insbesondere das Staging von Tumorerkrankungen, da hier viele Patienten zum Restaging bzw. Erststaging von den verschiedensten Tumorerkrankungen kamen. Meine Augen wurden geschult Lymphknoten zu finden, kleinste Rundherde in der Lunge und suspekte Läsionen im Leberparenchym zu erkennen. Mit der Zeit wurde es leichter, dennoch bin ich sehr froh, dass die Oberärzte zu jeder Zeit ansprechbar waren um meine Fragen zu beantworteten, denn gerade Veränderungen im Leber- und Pankreasparenchym sind oft schwer richtig einzuordnen. Nicht jede Veränderung ist sofort als bösartig einzuordnen, denn es gibt eine Vielzahl von Differentialdiagnosen wie z.B. Perfusionsstörungen, Mehrverfettung, Zysten, Hämangiome usw. Die Crux in der Radiologie ist oftmals, dass man Dinge nur erkennt, wenn man sie schon einmal gesehen hat. Dementsprechend fallen mir viele Veränderungen nicht auf, die der Oberarzt sofort erkennt. Ich befinde mich in einem ständigen Lernprozess und es ist noch ein langer Weg, bis ich alles in einer CT-Untersuchung auch mit Sicherheit selber erkenne.
Viel Zeit innerhalb meiner Rotation habe ich auch am Interventions-CT verbracht und sogar eine Woche lang den Spätdienst übernommen. Am Interventions-CT werden Punktionen von allen denkbaren Läsionen an allen technisch möglichen Lokalisationen gemacht. Hier lernt man das Handling des Punktionsmaterials und die Durchführung einer Punktion. Anfänglich erschien mir alles noch sehr fremd, aber schon bald war das Handling kein Problem mehr für mich. Mit der Zeit bekommt man außerdem ein Gefühl für die Durchführung einer Punktion: Mittlerweile kann ich fast spüren, wenn ich in der Läsion bin. Wichtig sind dabei die CT-Kontrollen und die Korrekturen der Nadel - hier ist räumliches Vorstellungsvermögen gefragt. Auch das wurde mit der Zeit immer besser und jetzt, gegen Ende meiner Rotation, freue ich mich auf jede Punktion, denn es ist spannend, einen Patienten zu punktieren und dann im Verlauf zu sehen, welche Diagnose der Pathologe stellt.
Ein wichtiger Teil der Arbeit am Interventions-CT ist natürlich auch die Untersuchung der stationären Patienten mit der Suche nach einem Entzündungsfokus, oder die Untersuchung nach Lebertransplantationen zur Kontrolle der Gefäßperfusion. Hier werden Drainagen eingelegt, wenn es sich um einen intraabdominellen Abszess handelt, oder Patienten in die Angiographie weiter verlegt, wenn Leberarterien verschlossen oder Blutungen aufgetreten sind. An diesem Arbeitsplatz ist eine enge Zusammenarbeit mit den Chirurgen gefordert, denn es werden umgehend die Bilder präsentiert und entschieden, ob der Patient operiert wird, in die Angio geht bzw. eine Drainage erhält.
Der Spätdienst stellte eine besondere Herausforderung dar. Zu Anfang ist der Oberarzt, der an diesem Tag Hintergrund-Dienst hat, noch in der Klinik, doch irgendwann geht auch er nach Hause und ist danach telefonisch jeder Zeit erreichbar. In meiner Woche beim Spätdienst war ich für das CT zuständig und ein Kollege für die Ultraschalluntersuchungen und die konventionellen Bilder. Mir war etwas mulmig dabei, dass ich nun die Bilder erst einmal allein Befunden sollte, ohne noch einmal Rücksprache halten zu können. Bei besonders schweren Fällen habe ich mich mit meinem Kollegen besprochen, doch auch er hatte viel zu tun. Am Ende war ich sehr froh, als die Woche vorüber war. So ein Spätdienst macht einem doch ein wenig Angst, auch wenn das normal ist. Der Oberarzt hat am nächsten Tag die Bilder noch einmal ganz genau angeschaut, damit nichts übersehen wird, was er sonst im normalen Tagdienst am selben Tag noch macht. Im Nachhinein ist alles gut gegangen. Aber obwohl ich schon länger im CT bin und einiges gesehen habe, kann man nie sicher sein, ob man nicht doch etwas übersieht. „Die Sicherheit kommt mit der Zeit“, sagen meine Kollegen. Aber auch sie haben regelmäßig ein mulmiges Gefühl bei Nachtdiensten, denn – auch wenn man natürlich zu jeder Zeit seinen Hintergrund-Oberarzt anrufen kann – man ist zunächst auf sich gestellt.
Insgesamt
war die Zeit sehr spannend und ich habe viel gelernt. Besonders froh bin ich,
dass meine Abteilung so nett und aufgeschlossen ist. Ich habe schnell Freunde
gefunden und fühle mich sehr wohl, obwohl ich in eine fremde Stadt gegangen bin
ohne vorher jemanden zu kennen. Jetzt rotiere ich weiter in die Neuroradiologie
und bin gespannt, wie es dort werden wird. In jedem Fall ist es ein spannender,
komplexer Bereich der Radiologie und sehr wichtig, denn regelmäßig steht die
Frage im Raum, ob eine intrakranielle Blutung nach Sturz besteht. Große,
ausgedehnte Blutungen sieht man schnell, aber kleinere Blutungen im Parenchym
sind oftmals nicht so leicht zu sehen. Ich bin gespannt, was ich beim nächsten
Mal berichten kann.