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Strukturierte Befundung - Wie sieht der radiologische Befund der Zukunft aus?

„Die strukturierte Befundung ist schon Realität und wird sich in der klinischen Routine durchsetzen.“


Von Finn Drescher, Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum, 14.08.2017

Die strukturierte Befundung gewinnt in der Radiologie immer weiter an Bedeutung. Insbesondere in der onkologischen Bildgebung werden strukturierte Befunde zunehmend eingesetzt. HellsteKöpfe sprach mit PD Dr. Thorsten Persigehl (AG Onkologische Bildgebung) und Dr. Daniel Pinto dos Santos (AG Informationstechnologie – AGIT) vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Uniklinik Köln, welche Bedeutung die strukturierte Befundung im deutschsprachigen Raum einnimmt und welche Herausforderungen zu meistern sind, um sie weiterzuentwickeln.

Dr. Daniel Pinto dos Santos, li (AG Informationstechnologie – AGIT) und PD Dr. Thorsten Persigehl (AG Onkologische Bildgebung) und vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Uniklinik Köln

Welche Vorteile liefert ein strukturierter Befund in der radiologischen Diagnostik?

PD Dr. Persigehl: Die Radiologie kann durch den strukturierten Befund nicht nur die Qualität verbessern, sondern auch potentiell die Effizienz in der Befundung und in den Tumorboards steigern. Auch für den Leser bietet der strukturierte Befund Vorteile. Es gibt bereits einige Studien, die gezeigt haben, dass Kliniker einen strukturierten Befund bevorzugen. Der Kliniker möchte nicht erst einen langen Prosatext lesen, sondern konkret wissen, ob der vorliegende Tumor kurativ therapierbar ist oder ob der Patient einer palliativen „Best Supportive“ Care zugeführt werden muss.

Dr. Pinto dos Santos:
Insbesondere für junge Assistenzärzte kann sich eine strukturierte Befundung lohnen. So können zum Beispiel beim Rektum-Karzinom junge radiologische Kollegen mit einer Befundvorlage einfacher präzise und Leitlinien-gerechte Befunde verfassen. Gleichzeitig kann der Kliniker relativ unabhängig vom Erfahrungsgrad des Radiologen einen qualitativ hochwertigen Befund erwarten. Jedoch ist die strukturierte Befundung auch nicht der „Heilige Gral“ für alles. Der Radiologe muss natürlich die Bildinformationen trotzdem korrekt interpretieren, um einen guten strukturierten Befund zu verfassen.

Welche klinischen Erfahrungen gibt es bereits?

PD Dr. Persigehl: Es gibt bereits interessante Studien zur strukturierten Befundung beim Pankreas- und Rektum-Karzinom. Aber auch beim HCC zeigen sich klinische Erfolge. Früher gab es das Problem, dass im MRT- oder CT-Befund eine hypervaskularisierte Leberläsion beschrieben wurde. Den Klinikern war aber oft nicht klar, ob es sich dabei um ein bildmorphologisch bewiesenes HCC handelte oder ob ein unklarer Befund vorlag. Heute legen wir uns durch strukturierte Befundung bei Leberläsionen fest. Dabei verwenden wir im strukturierten Befund die LI-RADS-Kriterien (Liver Imaging Reporting and Data System). Bei einer Leberläsion in Hochrisiko-Patienten mit einem Durchmesser von größer 10 mm, einem arteriellen Enhancement verbunden mit einem portalvenösen Wash-out und relativer Kontrastumkehr zum Leberparenchym steht am Ende des Befundes die klare Zuordnung LI-RADS 5 entsprechend eines bildmorphologisch bewiesenen HCCs.

Dr. Pinto dos Santos:
Das ist genau der Punkt. Als Radiologen sind wir in der klinischen Diagnostik an einer zentralen Schaltstelle. Wenn wir als Radiologen einen Befund schreiben, der für den behandelnden Kliniker nicht wegweisend ist, wird eventuell nach einem CT noch ein MRT durchgeführt und der Patient sogar möglicherweise operiert. Im schlimmsten Fall stellt sich nach der Operation heraus, dass es sich bei dem Befund um eine gutartige Raumforderung handelte. Wenn wir als Radiologen frühzeitig die Weichen stellen, kann dies den Patienten vor unnötigen Eingriffen schützen, den Weg der klinischen Diagnosestellung beschleunigen und somit Ressourcen sparen.

Für welche Tumorentitäten benutzen Sie bereits strukturierte Befunde?

PD Dr. Persigehl: Vor vier Jahren haben wir in Köln mit MRT-Befunden zum Prostata-Karzinom angefangen. Schnell wurde dies von unseren Klinikern und Zuweisern akzeptiert und mittlerweile fordern unsere Zuweiser diese Art der Befundung ein. Heute benutzen wir in der klinischen Routine Befundvorlagen für mehr als 20 verschiedene Fragestellungen, unter anderem für die MRT mit der Frage nach HCC und Myokarditis, in der CT-Diagnostik bei Verdacht auf ein Pankreas-Karzinom. Weiterhin wird es jedoch immer auch Befunde geben, die nicht mit strukturierter Befundung abbildbar sind. Dazu gehören zum Beispiel komplexe postoperative Befunde nach Pankreasresektion.

Welche Programme verwenden Sie?

Dr. Pinto dos Santos: Genau das ist das Problem. Bisher gibt es keine verfügbare Software, die allen Anforderungen genügt. Am Uniklinikum Köln benutzen wir deshalb unter anderem für das Tumorstaging Befundvorlagen als Text-File auf einer internen Webseite, die in den entsprechenden RIS-Befund hineinkopiert werden und dann mit der Spracherkennungs-Software finalisiert werden. Für das onkologische Monitoring von Tumorpatienten in klinischen Studien benutzen wir seit längerem erfolgreich mint Lesion (Mint Medical), wobei für diese spezielle Fragestellung auch andere Software-Produkte bereits existieren.

Wie versuchen Sie in der AG Onkologische Bildgebung, die strukturierte Befundung weiterzuentwickeln?

PD Dr. Persigehl: Um die strukturierte Befundung weiter zu fördern haben wir von der AG Onkologische Bildgebung zusammen mit der AG Informationstechnologie (AGIT) eine Initiative gestartet. Im Rahmen dieser entwickelt die AGIT unter dem Vorsitzenden Herrn Prof. Hackländer eine Seite innerhalb der DRG-Homepage auf der strukturierte Befundvorlagen frei zugänglich für Jedermann sind (www.befundung.drg.de). Wir von der AG Onkologische Bildgebung entwickeln wiederum mit den weiteren organspezifischen Arbeitsgemeinschaften der DRG und den Klinikern onkologische Befundvorlagen, die dann von Softwareherstellern frei genutzt werden können. Um unsere radiologischen Kollegen und Kliniker in die Diskussion miteinzubeziehen und die Vorlagen weiterzuentwickeln führen wir zurzeit auf der DRG-Homepage eine Umfrage zur strukturierten Befundung durch.

Welche Rolle kann der strukturierte Befund in der Wissenschaft spielen?

Dr. Pinto dos Santos: Durch strukturierte Befunde können bereits in der klinischen Routine Daten generiert werden, die die Basis für nachfolgende Forschung darstellen können. Die Grundlagen für solche Studien werden somit ohne weiteren Aufwand im täglichen Betrieb geleistet. Die Radiologie muss ihre Stellung als Verwalter von Daten wahrnehmen und dieses Potential ausschöpfen. Insbesondere auch im Hinblick auf „Big Data“, „Radiomics“, „Radiogenomics“ und „Machine Learning“ wird uns die strukturierte Befundung weiterhelfen können.

Wie sehen Sie die Zukunft des radiologischen Befundes?

PD Dr. Persigehl: Schauen wir zum Beispiel in die Flugindustrie. Auch ein Lufthansa-Pilot fliegt bereits seit Jahren mit einer Checkliste. In der Radiologie sind wir mit der strukturierten Befundung auf einem guten Weg der notwendigen Qualitätsverbesserung, der schon heute mitunter von Klinikern und Leitlinien eingefordert wird. Der Prozess benötigt ein wenig Zeit, da wir uns im Rahmen der Konsensus-Meetings abstimmen, um auch qualitativ hochwertige Befundvorlagen zu entwickeln. Die strukturierte Befundung ist jedoch schon Realität und wird sich in der klinischen Routine durchsetzen.

Weitere Informationen zum Thema strukturierte Befundung unter:
www.befundung.drg.de

Umfrage zur strukturierten Befundung







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