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Ein extrem interessantes Organ
Promotion in der Kardio-Bildgebung – ein Bericht aus dem Herzzentrum Leipzig

Keine radiologische Promotion gleicht der anderen: unterschiedliche Organsysteme, unterschiedliche klinische Fragestellungen und nicht zuletzt unterschiedliche Bildgebungstechniken erlauben einen großen wissenschaftlichen Gestaltungsspielraum in der Radiologie. Im aktuellen Beitrag auf www.hellste-koepfe.de geht es um die Dissertation von Diana Kandler. Sie promoviert am Herzzentrum Leipzig über die Bildgebung bei Patienten nach akutem Myokardinfarkt.

„Das Herzzentrum Leipzig bildet klinisch das gesamte Spektrum kardiologischer und kardiochirurgischer Leistungen ab“, erklärt Professor Matthias Gutberlet, Leiter der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Herzzentrum, „inklusive sehr seltener und schwierig zu diagnostizierender Herzleiden wie dem erst in den 90er Jahren erstmalig beschriebenen „Broken-Heart“-Syndrom. Bei diesem Herzleiden entwickeln Frauen nach traumatischen Ereignissen Symptome wie beim Herzinfarkt, die sich nur in der Bildgebung von echten ischämischen Ereignissen unterscheiden lassen,“ so der Professor für Diagnostische und Interventionelle Radiologie.

Täglich werden im Herzzentrum neben den allgemeinradiologischen Patienten des benachbarten Park-Krankenhauses rund 30 Herzpatienten  mittels CT und MRT untersucht.

„Eine wichtige Aufgabe erfüllen die „Cardio-Imager“ auch bei der Vorbereitung kardiologischer und kardiochirurgischer Interventionen“, betont Gutberlet. Als Beispiele nennt er die Vorhofablation zur dauerhaften Behandlung des Vorhofflimmerns oder der mittels Katheter vorgenommene Ersatz der Herzklappen (perkutaner Klappenersatz) – hochkomplexe und sensible Eingriffe, die ohne Bildgebung nicht denkbar wären. Die ersten rein MR-gestützten Vorhofablationen wurden bereits am Herzzentrum Leipzig durchgeführt.

Optimale Forschungsbedingungen also für cand. med. Diana Kandler, die mit ihrem Promotionsprojekt übrigens auf dem diesjährigen Deutschen Röntgenkongress in Hamburg als jüngste Teilnehmerin für den Young Investigator Award nominiert wurde und dieses Projekt in einem Vortrag vorstellen durfte. 151 Patienten hat sie in ihre Studie mit dem Titel MR-Bildgebung nach akutem Myokardinfarkt: Der „hypointense Kern“ im reperfundierten Infarktgebiet- Mikrovaskuläre Obstruktion oder Hämorrhagie? Eine Sequenzanalyseeingeschlossen, eine ungewöhnliche hohe Zahl für eine Doktorarbeit. „Es gibt an organbezogenen Zentren viel mehr ‚passende‘ Patienten, die für Studien in Frage kommen. Außerdem ist das Wissen auf einem Spezialgebiet enorm hoch“, erklärt die Zwölftsemesterin, die schon früh im Studium einen Faible fürs Herz entwickelte: „Es ist ein extrem interessantes Organ.“

Kandler ist der Frage nachgegangen, ob eine bestimmte MR-Sequenz (T2*-gewichtete Sequenz) eventuell vorliegende Blutungen (Hämorrhagien) und / oder „mikrovaskuläre Verengungen“ im Herzmuskel nach frisch reperfundiertem Herzinfarkt besser sichtbar machen kann als eine reine T2-gewichtete MR-Sequenz, die primär zur Ödemdarstellung genutzt wird. „Wir kennen dieses Untersuchungsprotokoll aus der Neurobildgebung, wo sie der Detektion von Blutungen dient“ erklärt Professor Gutberlet.

Die Arbeit von Diana Kandler konnte den diagnostischen Mehrwert der Sequenz belegen. Vielleicht hilft ihre Studie nun als Teil von noch viel umfangreicheren klinischen Studien am Herzzentrum, das gängige, einfachere Untersuchungsprotoll abzulösen.

„Die Arbeit hat gezeigt, dass wir die diagnostische Genauigkeit, die sowohl therapeutische als auch prognostische Konsequenzen hat, erhöhen können. Das Beispiel macht damit sehr gut deutlich, wie die Bildexperten aus der Radiologie ihr Wissen aus anderen Körperregionen einbringen können“, so Doktorvater Gutberlet, der aktuell zehn Promotionsprojekte in seiner Abteilung betreut.

Wissensaustausch, Kooperation und Interdisziplinarität werden überhaupt groß geschrieben in der Radiologie am Herzzentrum. Schon die architektonische Lage der Radiologie verdeutlicht dies: Die Radiologie ist zentral gelegen und Treffpunkt für alle Disziplinen. „Wir Radiologen arbeiten hier nicht im stillem Kämmerlein, wir sind Anlaufstelle und Partner für die Kollegen aus Kardiologie, Kinderkardiologie und Herzchirurgie des Herzzentrums, genauso wie für die Traumatologen, Abdominalchirurgen und Internisten des Park-Krankenhauses“, erklärt Professor Gutberlet.

Ob die Leipziger Medizinstudentin nach der Approbation – zurzeit paukt sie für das „Hammerexamen“ – in der Radiologie weitermacht, möchte sie noch nicht entscheiden: „Ich bin noch jung und kann mir auch noch andere Spezialisierungen vorstellen, zum Beispiel im Bereich der Kinderkardiologie oder Kinderradiologie.“ Kleine Patienten, die mit angeborenen Herzfehlern am Herzzentrum versorgt werden, hat sie während ihrer Famulatur in der Radiologie bereits kennengelernt.

Entscheidet sich Diana Kandler für die Kardiodiagnostik, sind ihre beruflichen Perspektiven glänzend. Die Bedeutung der Herzdiagnostik wird aufgrund der demografischen Entwicklung und epidemologischen Prognosen sicher weiter zunehmen. Auch im Bereich der Technik wird sich noch sehr viel tun: „Wir stehen erst in den Anfängen“, prognostiziert Gutberlet. „Die invasive Diagnostik wird mehr und mehr abgelöst werden durch die non-invasiven Verfahren der Radiologie. Wenn wir jetzt nicht schnell für gut ausgebildeten Nachwuchs sorgen, kann der Bedarf an Radiologen mit besonderer Expertise in der Herzbildgebung in den kommenden Jahrzehnten nur schwer gedeckt werden.“

Zwei Beispiele eines Patienten ohne und mit einer Hämorrhagie (=Einblutung ins Infarktareal)

Patient mit anteriorem STEMI ohne Hämorrhagie (kürzere Reperfusionszeit: „Pain-to-Balloon“  306 min). Vier Sequenzen mit Bezeichnungsabkürzung: In der T2-gewichteten STIR-Sequenz erkennt man bei beiden Patienten ein Hyperenhancement (ein helleres Areal im Ventrikel des linken Herzens = Kontrastmittelanreicherung) – was in dieser Sequenz ein Ödem anzeigt. In der LGE-Sequenz erkennt man bei beiden auch ein Hyperenhancement. Vitales Myokard sieht hier schwarz aus. In der T2*-Sequenz sieht man hier weder ein Hypo- noch ein Hyperenhancement bei dem 1.Beispiel.

 

Patient mit anteriorem STEMI mit Hämorrhagie (längere Reperfusionszeit: „Pain-to-Balloon“ 523 min). Man erkennt in allen 4 Bildern im hellen Areal noch ein dunkles – dies ist der "hypointense Kern", den die Studie von Frau Kandler als mikrovaskuläre Obstruktion (MVO) oder Hämorrhagie quantifiziert. Mittels der T2*-gewichteten Sequenz erkennt man eine Hämorrhagie, die man ohne die Sequenz nur für eine MVO gewertet hätte.

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