Interview
Kleine Menschen, großer Anspruch – Faszination Kinderradiologie Über die Herausforderung Kinderradiologie spricht Gundula Staatz. Sie ist Professorin für Kinderradiologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und erste Vorsitzende der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR).
Warum sind Sie Kinderradiologin geworden?
Das war eher Zufall, ursprünglich wollte ich Kinderärztin werden. Ich habe das Fachgebiet Kinderradiologie während des PJs im Wahlfach Radiologie kennen gelernt, und es hat mir so gut gefallen, dass ich mich hierfür entschieden habe. Ich kann allen Studenten nur empfehlen, möglichst viele Famulaturen zu machen, insbesondere in der Radiologie bzw. Kinderradiologie, um diese Berufsrichtung richtig kennen zu lernen.
Welches war für Sie der schönste und welches der schwerste Moment in Ihrer Laufbahn?
Der schönste Moment war der Tag meiner Habilitation. Das war für mich ein Meilenstein und das Fundament für meine weitere Laufbahn bis zur Professorin für Kinderradiologie. Schwere Momente entstehen immer dann, wenn wir einem Kind nicht mehr helfen können, und es stirbt. Diese Sternenkinder müssen uns aber auch anspornen, die Bildgebung immer weiter zu verbessern, damit eine suffi ziente Therapie rechtzeitig eingeleitet und durchgeführt werden kann.
Was unterscheidet die Kinderradiologie von der "Erwachsenen-Radiologie"?
Die Kinderradiologie vereint alle Facetten der radiologischen Bildgebung mit einem weit gefächerten pädiatrischen Fachgebiet. Hierdurch ist die Kinderradiologie sehr anspruchsvoll, da ein breites, zugleich aber auch sehr spezielles Fachwissen zur Berufsausübung erforderlich ist. Ich finde Kinderradiologie unheimlich spannend und zugleich auch sehr abwechslungsreich. Auch der Patientenkontakt ist vorhanden, sogar sehr intensiv - z.B. beim Ultraschall oder der Durchleuchtung. Viele Familien mit chronisch kranken Kindern begleiten wir über eine sehr lange Zeit.
Wie verläuft die Weiterbildung zum Kinderradiologen?
Die Kinderradiologie ist ein Schwerpunkt der Radiologie und umfasst die gesamte bildgebende Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen, einschließlich der Sonographie, der Kernspintomographie und der Computertomographie. Die Weiterbildungszeit beträgt zurzeit drei Jahre, davon kann ein Jahr während der FA-Weiterbildung zum Radiologen abgeleistet werden. Es gibt aber Überlegungen, die Weiterbildungszeit zu verkürzen, das ist aber noch in der Entwicklungsphase.
Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte eine angehende Kinderradiologin / ein angehender Kinderradiologe mitbringen?
Einfühlungsvermögen, Sensibilität und viel Geduld im Umgang mit Kindern und Eltern. Spaß an Bildgebungstechnik, deren Weiterentwicklung bzw. Nutzung für die Anwendung bei Kindern. Neugierde und Engagement für die Diagnostik von Erkrankungen.
Welche Krankheitsbilder sind ein Fall für die Kinderradiologie?
Alle angeborenen und erworbenen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters. Das Spektrum unterscheidet sich fundamental von den Erkrankungen des Erwachsenenalters, so dass ein spezielles Fachwissen erforderlich ist. Außerdem muss man gerade bei Kindern besonders auf die strikte Einhaltung des Strahlenschutzes und die Beachtung der jeweiligen Qualitätsanforderungen achten.
Welche Berufsaussichten hat ein Mediziner, der sich für den Facharzt Kinderradiologie entscheidet?
Aufgrund des Mangels an Kinderradiologen gibt es viele freie Stellen. Nach Erlangung der Schwerpunktbezeichnung bestehen gute Aussichten, eine Leitungsposition zum Beispiel als Leiter/Leiterin eines kinderradiologischen Arbeitsbereiches oder einer Abteilung zu übernehmen. Nach Habilitation und entsprechenden wissenschaftlichen Leistungen sind die Aussichten auf die Besetzung einer W2-Professur sehr hoch.
Wohin wird sich das Fach entwickeln?
Schwer zu sagen, es gibt ein ernstes Nachwuchsproblem. Es liegt an uns, junge Mediziner für dieses spannende und schöne Fachgebiet zu begeistern und die Rahmenbedingungen so zu optimieren, dass es für Bewerber auch interessant ist.