April 2016: Diffusionsgewichtete MRT in einer prospektiven Studie zur Active Surveillance beim Prostatakarzinom
eine Rezension von PD Dr. Katja Hüper (MH Hannover)
Titel: Diffusionsgewichtete MRT in einer prospektiven Studie zur Active Surveillance beim Prostatakarzinom mit 9-Jahres Follow-up
Nine-year follow-up for a study of diffusion-weighted magnetic resonance imaging in a prospective prostate cancer active surveillance cohort
Autoren: Henderson DR, de Souza NM, Thomas K, Riches SF, Morgan VA, Sohaib SA, Dearnaley DP, Parker CC, van As NJ
"Der Artikel liefert die Grundlage für die Integration von diffusionsgewichteter MRT"
Kurzbeschreibung:
Das Spektrum der Prostatakarzinome ist breit und umfasst Tumore mit geringem Risiko bis hin zu Hochrisikotumoren, die lokal aggressiv wachsen und metastasieren. Für die Tumore mit geringem Risiko kommt, da sie häufig auch ohne eine Therapie die Lebenserwartung und Lebensqualität der betroffenen Patienten nicht beeinträchtigen, die sogenannte „Active Surveillance“-Strategie in Frage. Das Ziel dieser Strategie ist es, eine invasive Therapie und die damit verbundenen Komplikationen möglichst lange hinauszuschieben oder im besten Fall zu vermeiden. Durch engmaschige Überwachung der Patienten wird sicher gestellt, dass ein möglicher Tumorprogress rechtzeitig erkannt und eine invasive Therapie, wie Strahlentherapie oder Operation, in kurativer Absicht durchgeführt werden können. Für den Erfolg der „Active Surveillance“ –Strategie ist die Selektion von Patienten, bei denen ein sehr langsamer Tumorprogress zu erwarten ist und eine radikale Therapie so sicher hinausgeschoben oder vermieden werden kann, entscheidend. Weiterer wichtiger Faktor ist das effektive Monitoring der Patienten, um rechtzeitig einen klinisch signifikanten Tumorprogress zu erfassen. Welchen Beitrag die Prostata-MRT und im Speziellen die diffusionsgewichtete MRT zur Abschätzung des Risikos für Tumorprogress und die Notwendigkeit einer invasiven Strategie leisten kann, wird in dieser Studie untersucht.
Inhalt:
Die Standardkriterien zur Selektion von Patienten, für die eine „Active Surveillance-Strategie geeignet ist, sind das prostataspezifische Antigen (PSA), der mittels systematischer Biopsie ermittelte Gleason Score und die digitale rektale Untersuchung. Ein relevanter Anteil der so selektierten Patienten entwickelt unter „Active Surveillance“ einen Tumorprogress und hätte möglicherweise von einer frühen radikalen Therapie profitiert. Zur Überwachung der Patienten unter „Active Surveillance“ werden wiederholte Prostatabiopsien eingesetzt, die invasiv sind und die Patienten belasten. Es besteht also ein hohes Interesse daran, Patientenselektion und Monitoring im Rahmen der „Active Surveillance“ zu verbessern. Da man weiß, dass der mittels diffusionsgewichteter MRT bestimmte ADC invers mit der Tumoraggressivität korreliert, vermuten die Autoren, dass dieser Parameter sowohl zur Patientenselektion als auch zum Monitoring eingesetzt werden könnte.
86 Patienten wurden prospektiv zu Beginn der „Active Surveillance“ mittels diffusionsgewichteter MRT untersucht und im Median 9,5 Jahre verfolgt. Kriterien für die Durchführung einer radikalen Therapie waren ein PSA-Ansteig von >1 ng/ml/Jahr, ein primärer Gleason Score ≥4 in der Follow-up Biopsie oder >50% positive Biopsiezylinder in der Follow-up Biopsie. Die Autoren konnten zeigen, dass ein niedriger ADC (unterhalb des Medians) mit einer signifikant kürzeren Zeit bis zum klinisch relevanten Tumorprogress und somit zur Notwendigkeit einer radikalen Therapie assoziiert war. Bei einem hohen ADC (oberhalb des Medians) betrug die Zeit, bis eine radikale Therapie notwendig war 9,3 Jahre, wohingegen sie nur 2,4 Jahre betrug, wenn der ADC niedrig (unterhalb des Medians) war.
Zur Validierung der Ergebnisse führen die Autoren eine prospektive Studie durch, die wiederholte multiparametrische Prostata-MRT bei Patienten unter „Active Surveillance“ vorsieht.
Die Studie zeigt, dass der ADC ein unabhängiger Prädiktor für die Zeit bis zur Notwendigkeit einer radikalen Therapie bei Patienten mit Prostatakarzinom unter „Active Surveillance“ ist. Daraus folgern die Autoren, dass der ADC ein guter Marker dafür sein könnte, geeignete Patienten für die „Active Surveillance“ zu selektieren und das Monitoring unter „Active Surveillance“ zu verbessern.
Fazit:
Der Artikel ist lesenswert, weil er sich mit einer klinisch relevanten Frage beschäftigt und die Grundlage für die Integration von diffusionsgewichteter MRT in die Kriterien zur Selektion und zum Monitoring von Patienten mit Prostatakarzinom unter „Active Surveillance“ liefert.