Juni 2015: Entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen: Spondylarthritis
eine Rezension von Dr. Anne Schmitz, Heidelberg
Titel: Entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen: Spondylarthritis. Zentrale Bedeutung der Bildgebung
Autor: C. Schueller-Weidekamm
In: Radiologe 2015-55:337-348
"Spondylarthritis ist keine leichte Diagnose – dieses Paper über die Erkrankung ist sehr strukturiert aufgebaut und bringt einen großen Lerneffekt für den Leser."
Kurzbeschreibung
Die Diagnose des akuten Rückenschmerzes stellt den Kliniker und den Radiologen oftmals vor große Schwierigkeiten, denn in der Projektionsradiographie werden Veränderungen an der Wirbelsäule oder an den Iliosakralgelenken erst im chronischen Stadium sichtbar. Dennoch ist eine frühe Diagnose wichtig für die Therapie. Die Gruppe der nichtinfektiösen Wirbelsäulenerkrankungen umfasst viele mögliche Erkrankungen, darunter auch die Spondylarthritis als eine mögliche Ursache aus dem rheumatischen Formenkreis.
Spondylarthritis ist keine leichte Diagnose: Es dauert in der Regel ca. 8 Jahre vom Symptom des entzündlichen Rückenschmerzes bis zur Diagnose der Spondylarthritis bei HLA-B27-positiven Patienten. Erste Veränderungen aufgrund dieser Erkrankungen können oft nur im MRT sichtbar gemacht werden. Sie werden hier anhand von Entzündungen im Bereich der Sehnenansätze detektiert. Die Projektionsradiographie dagegen kann erst für spätere, chronische Stadien Aussagen treffen. Mithilfe der Projektionsradiographie werden nach den modifizierten New-York-Kriterien unterschiedliche Grade der Erkrankung eingeteilt.
Ziel des Papers ist es, die zentrale Rolle der Bildgebung
bei der Diagnostik der Spondylarthritis herauszustellen. Desweiteren soll der
Artikel helfen ein Grundverständnis für die Erkrankung selbst und die
Limitationen der jeweiligen Bildgebenden Verfahren zu erhalten.
Hintergrund
Die Prävalenz der rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen
liegt bei 3%, ist jedoch keine leichte Diagnose für das Leitsymptom
Rückenschmerzen. Viel häufigere Diagnosen sind die degenerativen und
funktionellen Wirbelsäulenveränderungen. Die Spondylarthritis ist eine
autoimmunologische Erkrankung und wird meist durch eine Kreuzreaktion mit
Autoantigenen (möglicherweise getriggert durch bakterielle Erreger) ausgelöst.
Zusätzlich kommt eine genetische Komponente in Betracht bei nachgewiesener
familiärer Häufung. Die seronegative Spondylarthritis ist eine Entzündung der
Insertion von Sehen und Bändern am Knochen. Oftmals finden sich sowohl
Osteodestruktion als auch Osteoproliferation als Zeichen der Veränderungen. Problematisch
ist die Diagnosestellung mittels Bildgebung bei oftmals im Anfangsstadium noch
negativer Projektionsradiographie. Erst die MRT-Diagnostik macht es möglich,
frühe Knochenmarksödeme sichtbar zu machen.
Inhalt
Die nichtinfektiösen Erkrankungen der Wirbelsäule sind schwere und seltene Diagnosen. Der Patient, welcher über Rückenschmerzen klagt, braucht oftmals einen langen Atem, bis eine Diagnose für seine Beschwerden gefunden wird. Die häufigsten Gründe für Rückenschmerzen sind degenerative und funktionelle Veränderungen. Die diagnostischen Mittel sind heutzutage nicht mehr nur auf die Projektionsradiograhie beschränkt, sondern beinhalten ebenso die MRT. Dies ist ein wichtiger Schritt, denn die Projektionsradiographie kann lediglich späte chronische Veränderungen sichtbar machen. Gerade aber bei den rheumatischen Erkrankungen, zu denen die Spondylarthritis gehört, ist es wichtig, früh eine Diagnose zu stellen um die richtige Therapie einzuleiten. Die MRT zeigt schon früher Veränderungen der Sehnen und der angrenzenden Knochen in Form von Signalsteigerungen und Kontrastmittelanreicherungen als Zeichen von Knochenödem und Entzündung. Die Projektionsradiographie zeigt hingegen die Knochendestruktion bzw. den pathologischen Knochenaufbau, die Folgen der langjährigen Entzündung sind, jedoch vermieden werden sollten.
Der Autor bietet gegen Ende des Textes ein mögliches
MRT-Protokoll zur Diagnosestellung für den täglichen Gebrauch an. Wichtige
Differentialdiagnosen werden beleuchtet um Fehldiagnosen zu vermeiden. Trotz
aller Defizite der Projektionsradiographie solle diese am Anfang der Diagnosefindung
stehen, erläutert der Autor. Mithilfe der Projektionsradiographie und der
modifizierten New-York-Kriterien können Gradeinteilungen der Erkrankung
erfolgen. Falls die Becken-Übersichtsaufnahme keine Diagnose bringt, sollte ein
MRT durchgeführt werden.
Konzeption und Benefit
Der Autor des Übersichtsartikels zur Spondylarthritis bringt
dem Leser zuerst das Erkrankungsbild der rheumatischen Erkrankungen näher. Hier
wird deutlich, dass es sich um eine seltene und daher auch schwer zu
diagnostizierende Erkrankung der Wirbelsäule handelt. Durch den Artikel lernt
der Leser zum einen Fakten zur Erkrankung selbst, zum anderen die unterschiedlichen
diagnostischen Mittel, welche durch die Radiologie zur Verfügung stehen. Hier
wird schnell deutlich, dass manche
Verfahren geeignet sind, im Akutstadium bildmorphologische Hinweise zu geben,
und andere, welche in den chronischen Stadien Verwendung finden. Für alle
Stadien zeigt der Autor verschiedene Beispiele auf mit möglichen Veränderungen
an Gelenken und Knochen. Bilder helfen den geschriebenen Text und auch kleine
Veränderungen zu verstehen. Die modifizierten New-Yorker-Kriterien werden als
übersichtliche Tabelle zum Nachschlagen bereitgestellt. Insgesamt ist der
Artikel sehr übersichtlich gestaltet und am Rand weisen prägnante Randnotizen
auf wichtige Aussagen des Textes hin. Nach einem ersten Lesen des Textes findet
der Leser auf diese Weise gezielt die wichtigen Passagen wieder. Ein
abschließendes Fazit fasst die Kernpunkte des Artikels kurz zusammen und erhöht
so den Lerneffekt.
Fazit
Der Artikel über die entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen bietet eine gute Übersicht über die zugrunde liegenden Erkrankungen und deren Hintergrund. Der Leser erfährt wichtige Grundlagen zur Erkrankung der Spondylarthritis sowie zu den diagnostischen Schwierigkeiten. Mithilfe des Artikels kann der Leser ein besseres Verständnis für die einzusetzenden bildgebenden Verfahren entwickeln und wird für die darzustellenden Veränderungen an Knochen und Gelenken sensibilisiert. Außerdem wird er geschult, auch auf andere Bereiche der Wirbelsäule zu achten, denn mögliche Veränderungen können auch an anderen Gelenken auftreten. Insgesamt ist der Artikel sehr strukturiert aufgebaut und bringt einen großen Lerneffekt für den Leser.