November 2013: Status quo der transarteriellen Chemoembolisation in Deutschland
eine Rezension von Dr. Diane Renz (Charité Berlin)
Titel: Transarterial chemoembolization - Status quo in Germany. Die transarterielle Chemoembolisation - Status quo in Deutschland
Autoren: C. Niessen, P. Wiggermann, C. Velandia, C. Stroszczynski, P.L. Pereira
In: RöFo, November
2013, Band 185: 1089-1094
„Diese Umfrage belegt eindrücklich eine Heterogenität der angewandten TACE-Protokolle in Deutschland“
Kurzbeschreibung
Den
Hintergrund dieser Untersuchung bildet die aktuell in Erstellung befindliche
S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms (HCC).
Aus diesem Anlass hat die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie
(DeGIR) eine Umfrage zur Statuserhebung der transarteriellen Chemoembolisation (TACE)
in Auftrag gegeben. Zu diesem Zweck wurden standardisierte Fragebogen an die
Leiter der interventionell-radiologischen Zentren in Deutschland (allesamt
Mitglieder der DeGIR) gesendet. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen eine
Heterogenität der in Deutschland angewandten TACE-Protokolle und unterstreichen
damit nach Angaben der Autoren die Notwendigkeit struktureller Richtlinien für TACE-Therapieschemata.
Hintergrund
Bei der TACE wird die Eigenschaft bösartiger, hepatischer Tumoren ausgenutzt, sich überwiegend über die arterielle Blutversorgung zu ernähren. Der zweite zuführende Blutfluss in der Leber über die Pfortader versorgt die Malignome im Gegensatz zum gesunden Lebergewebe nur in geringem Maß. Das Prinzip der TACE beruht auf einer lokalen intraarteriellen Applikation eines Chemotherapeutikums mit anschließendem arteriellen Gefäßverschluss; dabei sollen synergistische Effekte der chemotherapeutischen Substanz und einer durch Embolisation induzierten Ischämie zur Tumorbekämpfung genutzt werden.
Es existieren mehrere
TACE-Therapieschemata. Dazu zählen die so genannten „herkömmliche TACE“, welche
mittels Kombination eines lokal arteriell induzierten Chemotherapeutikums, z.B.
Doxorubicin und Lipiodol, als flüssiges Embolisat erfolgt. Im Vergleich relativ
neu ist die Therapie mittels „Drug-eluting beads“ (Kügelchen), welche die
gebundenen Chemotherapeutika über einen längeren Zeitraum in den Tumor abgeben
und ihn zudem embolisieren.
Inhalt
Im April 2012 wurden standardisierte Fragebogen über die in der jeweiligen Einrichtung angewandten TACE-Protokolle an die Leiter der interventionell-radiologischen Zentren in Deutschland (allesamt Mitglieder der DeGIR) gesendet. Die Rücklaufquote betrug 61%. Von den 96 teilnehmenden Zentren waren 42% städtische Krankenhäuser, 26% Universitätskliniken, 23% kirchliche Einrichtungen, 6% private Institutionen und 2% Arztpraxen.
Die meisten der eingeschlossenen Zentren behandelten nach ihren Angaben 10 bis 30 HCC-Patienten mittels TACE pro Jahr (36%), gefolgt von maximal 10 (32%) und 30-70 Patienten (19%) pro Jahr; mehr als 70 HCC-Patienten jährlich werden bei 13% der Zentren mittels TACE therapiert.
Die am häufigsten verwendeten Protokolle sind nach den Umfrageergebnissen „Drug-eluting Beads“ mit Doxorubicin oder Epirubicin (44% der Zentren), dicht gefolgt von einer Kombination aus Lipiodol mit Doxorubicin oder Epirubicin (42% der Zentren). Lediglich 31% der teilnehmenden Zentren verwenden ein einziges TACE-Protokoll, 34% verwenden zwei verschiedene TACE-Protokolle und in 34% der Zentren kommen mehr als zwei verschiedene TACE-Protokolle zum Einsatz.
Die superselektive Applikation der Medikamente wird von der Mehrheit (60%) der Zentren bevorzugt. In den allermeisten Fällen (96%) wird mehr als eine TACE pro Patient durchgeführt. Bezüglich der Zeitabstände zwischen zwei TACE-Eingriffen gibt es eine Übereinstimmung von 77% der teilnehmenden Zentren, welche einen Abstand von ein bis zwei Monaten favorisieren.
99% der Zentren haben sich bereit erklärt, an
einer Multicenter-Studie teilzunehmen mit dem möglichen Ziel einer
Vereinheitlichung der TACE-Therapieprotokolle.
Konzeption und Benefit
Die Studie
belegt eindrücklich mit interessanten Ergebnissen die Heterogenität der in
Deutschland zum Einsatz kommenden TACE-Protokolle, welche zum einen zwischen
den Zentren, zum anderen aber auch innerhalb einer interventionell-radiologischen
Einrichtung zur Anwendung kommen. Zur besseren Übersichtlichkeit hätte ein Teil
der Ergebnisse in Tabellen präsentiert werden können. Für Fragebogenerhebungen
ist eine Rücklaufquote von 61% als gut zu betrachten, spiegelt jedoch einen
gewissen Bias der gewonnen Antworten wider. Insgesamt ist die von der DeGIR in
Auftrag gegebene und von einem Autorenteam aus Regensburg und Heilbronn
durchgeführte Untersuchung sehr gut strukturiert mit einer klar definierten
Zielsetzung und einer konkreten Schlussfolgerung.
Fazit
Die heterogenen Ergebnisse der in Deutschland verwendeten TACE-Protokolle unterstreichen nach Angaben der Autoren die Notwendigkeit struktureller Richtlinien vor dem Hintergrund der aktuell in Erstellung befindlichen S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie des HCC. 99% der an der Studie teilgenommen interventionell-radiologischen Zentren wären jedoch bereit, an einer Multicenter-Studie mit dem möglichen Ziel einer Vereinheitlichung der TACE-Therapieprotokolle teilzunehmen.