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Paper des Monats November 2017
kommentiert von PD Dr. Katja Hüper, Medizinische Hochschule Hannover

Titel: "Thoracic Complications of Precision Cancer Therapies: A Practical Guide for Radiologists in the New Era of Cancer Care"

Autoren: Nishino M, Hatabu H, Sholl LM, Ramaiya NH
In: Radiographics. 2017 Sep-Oct;37(5):1371-1387.

"Eine umfangreiche und praktische Übersicht der thorakalen Komplikationen, die im Rahmen von neuen, zielgerichteten Krebstherapien auftreten."


Kurzbeschreibung:

Ein zunehmend besseres Verständnis der molekularen Mechanismen, die der Krebsentstehung und –ausbreitung zugrunde liegen, ist die Grundlage für die Entwicklung von zahlreichen neuen, zielgerichteten Krebstherapien. Die neuen Medikamente binden spezifisch an Moleküle, die für die Krebsentstehung und –progression von Bedeutung sind, und ermöglichen so bei bestimmten Patientengruppen und Tumorarten (z.B. beim metastasierten malignen Melanom) wesentliche Behandlungserfolge. Die Vielfalt der neuen Medikamentengruppen und Wirkmechanismen ist groß und die klinische Anwendung der zielgerichteten Therapieansätze nimmt rasant zu. Außerdem können je nach Medikamentengruppe typische Komplikationen auftreten, die von einem möglichen Tumorprogress unterschieden werden müssen. Dementsprechend ist für den Radiologen ein grundlegendes Verständnis der neuen Therapieansätze sowie die Kenntnis der möglichen Komplikationen von Bedeutung, um kompetent die Diagnostik und das Follow-up der so behandelten Patienten zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund liefert die hier vorgestellte Übersichtsarbeit einen hervorragenden Überblick sowohl über die verschiedenen Therapieansätze als auch die assoziierten thorakalen Komplikationen und ist sowohl zur Information als auch zum Nachschlagen im Klinikalltag gut geeignet. Ergänzt wird die Arbeit durch einen in der gleichen Ausgabe veröffentlichten Artikel zum Thema der abdominellen Komplikationen (Chang et al. Radiographics 2017;37:1461-1482).

Inhalt:

Die Übersichtsarbeit basiert auf einem auf dem RSNA 2016 ausgezeichneten Fortbildungsposter. Die Autoren stellen in der Einleitung die zunehmende Bedeutung der zielgerichteten Therapien dar und erklären, dass dem Radiologen sowohl bei der Beurteilung des Therapieansprechens als auch bei der Erkennung von Komplikationen eine wichtige Rolle zukommt. Daher möchten sie mit ihrer Arbeit eine Übersicht über thorakale Komplikationen verschiedener Medikamentengruppen wie Immun-Checkpoint-Inhibitoren, molekulare, gezielte Therapien und anti-angiogene Therapien liefern und die molekularen Wirkmechanismen einzelner Medikamente zum besseren Verständnis beschreiben. Die Übersichtsarbeit soll dabei als praktischer Leitfaden und Nachschlagewerk für die tägliche klinische Arbeit dienen.
Die Autoren unterscheiden 6 thorakale Komplikationen: Pneumonitis, sarkoidoseähnliche Granulomatose und Lymphadenopatie, pulmonale Blutungen, Lungenembolie, Pleuraerguss und Lungenödem sowie Pneumothorax. Tabellarisch sind den jeweiligen Komplikationen die dafür verantwortlichen Medikamentenklassen und Medikamente zugeordnet, was einen ersten Überblick liefert. Im Folgenden werden zu jeder der Komplikationen die dafür verantwortlichen Medikamentenklassen benannt und die zur Entstehung beitragenden Mechanismen vorgestellt. Illustriert wird dies durch zahlreiche Bildbeispiele.
Als eine wichtige Komplikation wird die medikamentös induzierte Pneumonitis, die durch zytotoxischen Schaden, oxidativen Stress oder immunologische Effekte verursacht wird, beschrieben. Insbesondere Immun-Checkpoint-Inhibitoren, die für die zielgerichtete Therapie unterschiedlicher Malignome (z.B. Melanom, Nicht-Kleinzelliges-Bronchialkarzinom, Nierenzellkarzinom, Urothelkarzinom, Lymphom) eingesetzt werden, können neben anderen immunologisch bedingten Komplikationen eine Pneumonitis verursachen. Dabei treten je nach Schweregrad Veränderungen im CT auf, wie Milchglasverdichtungen, Konsolidierungen und Lungenvolumenverlust, die gemäß der Einteilung idiopathischer interstitieller Pneumonien klassifiziert werden können. Andere Medikamente, die eine Pneumonitis verursachen können, sind mTOR-Inhibitoren, EGFR-Inhibitoren, ALK-Inhibitoren, HER2-Inhibitoren und CD20-Antikörper. Die jeweiligen Bildbefunde werden ausführlich beschrieben.
Als zweite wichtige Komplikation wird die sarkoidoseähnliche Granulomatose und Lymphadenopathie, die durch Behandlung mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren auftreten kann, vorgestellt. Sie ist charakterisiert durch eine mediastinale und hiläre Lymphadenopathie und kann von Lungenparenchymveränderungen begleitet sein. Die Autoren weisen darauf hin, dass es schwierig ist die im Rahmen der sarkoidseähnlichen Granulomatose auftretenden Lymphknotenvergrößerungen von Lymphknotenvergrößerungen auf Grund eines Tumorprogresses zu unterscheiden, so dass teilweise eine bioptische Abklärung erforderlich wird.
Auch die übrigen möglichen Komplikationen werden ausführlich und illustriert durch Bildbeispiele beschrieben.
Besonders hilfreich für den klinischen Alltag sind die praktische Anleitung und das Flussdiagramm der Autoren am Ende der Übersichtsarbeit, die dem Radiologen das Erkennen und Zuordnen von Komplikationen einer zielgerichteten Therapie erleichtern sollen. Die Autoren weisen darauf hin, dass therapieassoziierte Komplikationen von anderen Ursachen wie z.B. einem Tumorprogress oder infektiöser Ursachen unterschieden werden müssen. Dies könne durch die Verlaufsbeurteilung, die Beurteilung des Tumoransprechens in extrathorakalen Organen und eine enge Zusammenarbeit mit den behandelnden Kollegen erreicht werden.

Fazit:

Die Autoren geben einen informativen und gut strukturierten Überblick über die thorakalen Komplikationen der unterschiedlichen zielgerichteten Krebstherapien illustriert durch viele Bildbeispiele. Eine tabellarische Zusammenfassung der Komplikationen und der jeweils dafür verantwortlichen Medikamente sowie ein Flussdiagramm zum praktischen Vorgehen sind insbesondere zum Nachschlagen hilfreich. Dies wird durch weitere umfangreiche Tabellen des Artikels zum Thema der abdomineller Komplikationen (Chang et al. Radiographics 2017;37:1461-1482) ergänzt. Darüber hinaus werden die Wirkmechanismen einiger wichtiger Medikamente anhand von Schemazeichnungen erklärt. Somit ist die Arbeit hervorragend geeignet, um Untersuchungen von Patienten unter zielgerichteter Therapie kompetent zu beurteilen und insbesondere frühzeitig Komplikationen zu erkennen.

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